Wie bereits in meinem Blogbeitrag vom 15. Januar 2017 erwähnt, ist es verschiedenen Gerichten zufolge notwendig, auch bei Verkaufsplattformen im Internet einen (anklickbaren) Link auf die OS-Schlichtungsplattform der Europäischen Kommission zu setzen. Das OLG Dresden sieht dies jedoch anders: Nach Auffassung des Oberlandesgerichts sind Amazon-Händler nicht verpflichtet, ihre Käufer auf die europäische OS-Schlichtungsplattform hinzuweisen. Die Pflicht treffe vielmehr Amazon selbst (OLG Dresden, Urteil vom 17.01.2017, Az. 14 U 1462/16).
Das OLG Dresden bestätigt mit seinem Urteil das LG Dresden, welches mit Urteil vom 16.09.2016 zum Az. 42 HK O 70/16 bereits erstinstanzlich entsprechend entschieden hatte.
In Bezug auf seine Entscheidung führt das OLG Dresden aus, dass sich aus dem Wortlaut des Art. 14 der ODR-Verordnung ergebe, dass bei Online-Plattformen die Pflichten aus der Verordnung nur den Betreiber der Verkaufsplattformen selbst betreffen würden, nicht hingegen die einzelnen Händler. So erklärte das Gericht, dass den Marktplatzbetreiber vielmehr eine eigenständige Pflicht treffe, einen Link zur OS-Plattform einzustellen. Da dieser den Unternehmern ermögliche, den Verbrauchern ihre Waren und Dienstleistungen anzubieten, soll er "gleichermaßen" zur Bereitstellung des Links verpflichtet sein. Gleichermaßen würde jedoch nicht "gleich" bedeuten, sondern vielmehr sei auf der Website des Online-Marktplatzes nicht auch zusätzlich durch jeden dort anbietenden Händler ein entsprechender Link einzustellen. Der Verordnungsgeber habe den Bedarf eines solchen Links auf dem Online-Marktplatz gesehen und sei diesem dort auch nachgekommen. Dieser Bedarf hätte jedoch nicht bestanden, wenn auch (jeder) Onlineshop-Betreiber auf dieser für ihn fremden Website des Online-Marktplatzes seinerseits zusätzlich einen Link zur OS-Plattform bereitzustellen hätte.
Diesem Umstand laufe auch nicht der Zweck, nämlich, dass möglichst viele Verbraucher Kenntnis von dem Bestehen der OS-Plattform erlangen sollten, zuwider. Bereits durch den dafür vorgeschriebenen Link erhielte ein Kaufinteressent, der die Angebotsseite des Online-Marktplatzes aufsuche, Kenntnis von der Plattform. Die Hinzufügung eines - oder bei einer Vielzahl von Verkäufen sogar mehrerer - Links auf der Seite sei nicht erforderlich. Es sei im Gegensatz sogar kontraproduktiv, wenn ein Online-Marktplatz nicht nur den Link des Marktplatzbetreibers enthielte, sondern auch eine Vielzahl gleichlautender Links der Verkäufer.
Damit vertritt das OLG Dresden genau die gegensätzliche Ansicht als die Mehrzahl der Gerichte, die bisher Entscheidungen im Zusammenhang mit der Linksetzung auf die OS-Plattform getroffen haben.
Sofern dieses Urteil jetzt allerdings Online-Händler, die ihre Artikel auf eBay, Amazon oder DaWanda verkaufen, dazu bewegen sollte, auf eine Verlinkung zu verzichten, sei darauf hingewiesen, dass momentan offen ist, ob sich die Ansicht des OLG Dresden durchsetzt.
Der Wortlaut des Art. 14 der ODR-Richtlinie lautet wie folgt:
"In der Union niedergelassene Unternehmer, die Online-Kaufverträge oder Online-Dienstleistungsverträge eingehen, und in der Union niedergelassene Online-Marktplätze stellen auf ihren Websites einen Link zur OS-Plattform ein. Dieser Link muss für Verbraucher leicht zugänglich sein. In der Union niedergelassene Unternehmer, die Online-Kaufverträge oder Online-Dienstleistungsverträge eingehen, geben zudem ihre E-Mail-Adressen an."
Das OLG Dresden stellt in diesem Zusammenhang darauf ab, dass das Possessivpronomen "ihren" deutlich mache, dass ein Link zur OS-Plattform auf einer anderen Website als der eigenen nicht genüge, wenn der Unternehmer auf seiner Website den Abschluss von Online-Kaufverträgen oder Online-Dienstleistungsverträgen anbiete. Die Website des jeweiligen Marktplatzes sei hingegen nicht diejenige des Onlinehändlers oder -dienstleisters.
Das Wort "und" in der Norm spricht grundsätzlich jedoch gegen die Meinung des OLG Dresden.
Ferner soll die Verlinkung der OS-Plattform (sowie die Informationspflichten aufgrund der ADR-Richtlinie beziehungsweise des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes (VSBG)) dazu dienen, dem Verbraucher das Vorhandensein der OS-Plattform darzustellen und ihm im Falle eines Streits mit dem Onlinehändler oder -dienstleister die Gelegenheit geben, die Plattform zu nutzen. Die Information im Impressum oder in den AGB eines Online-Marktplatzes würde ihm hierbei jedoch kaum behilflich sein. Aus dieser wird für ihn jedenfalls nicht ersichtlich, ob er die Möglichkeit hat, im Falle eines Streites mit dem betreffenden Händler die OS-Plattform anzurufen.
Diesbezüglich erläutert das OLG Dresden, dass auch nach Art. 13 Abs. 2 der ADR-Richtlinie Informationen durch den Unternehmer zu Streitbeilegungsverfahren vor einer AS-Stelle (nur) auf der Website des Unternehmens in klarer, verständlicher und leicht zugänglicher Weise gegeben werden müssen, nicht hingegen durch den Unternehmer aus auf der Website eines Marktplatzbetreibers. Dies würde jedoch ebenfalls dem Zweck der ADR-Richtlinie zuwiderlaufen, da meiner Meinung nach nicht angenommen werden kann, dass jeder Verbraucher vor Abschluss eines Kaufvertrags auf einem Online-Marktplatz auf der Website des jeweiligen Anbieters recherchieren wird, ob dieser an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Schlichtungsstelle teilnimmt. Dies wird ihm darüber hinaus wohl auch kaum zumutbar sein.
Für Online-Händler, die meinen, sich in einem Rechtsstreit mit einem Mitbewerber oder Wettbewerbsverband auf das Urteil stützen zu können, ist darüber hinaus wichtig zu wissen, dass bei Wettbewerbsverstößen im Internet der sog. "fliegende Gerichtsstand" gilt, vgl. § 14 UWG. Das bedeutet, dass es dem Abmahner unbenommen bleibt, seine (Unterlassungs-)Ansprüche jederzeit vor einem anderen Gericht geltend zu machen.
Man darf gespannt sein, welche Ansicht sich in der Rechtsprechung im Hinblick auf die OS-Plattform durchsetzen wird.