Wie ist das eigentlich mit... Fotografieren im Museum?

Sprengelmuseum Instawalk Instagram Hannover Sommer Juni 2016
Sound-Installation "Studio Kurt Schwitters" von Pavel Büchler (2016)

Am 5. Juni 2016 nahm ich anlässlich des Publikumstags zur Wiedereröffnung des Sprengel Museums Hannover auf Einladung des Vereins der Freunde des Sprengel Museum Hannover e.V. an einem Instawalk in dem Museumsneubau am Maschsee teil. Unter dem Titel "130% Sprengel. Sammlung Pur" wurde im gesamten Haus auf circa 8.000 Quadratmetern die eigene Sammlung des Sprengel Museums präsentiert. Reinhard Spieler, der Direktor des Sprengel Museums, übernahm die Führung durch die Sammlung mit etwa 800 ausgestellten Werken höchstpersönlich, so dass es ein interessanter und beeindruckender Rundgang durch die Kunstgeschichte der Moderne wurde. Von der Film-Installation "Manifesto" von Julian Rosefeldt über Kunstwerke von Pablo Picasso, Paul Klee und Max Beckmann bis hin zu einer großen Ausstellung mit Werken von Nikki de Saint Phalle - für jeden Kunstinteressierten war etwas dabei. Es wurde viel geknipst und unter dem Hashtag #130sprengelfreunde wurden einige Fotos auf Instagram veröffentlicht. Anlässlich eines Instawalks auf Einladung der Sprengelfreunde natürlich kein Problem, aber wie sieht das eigentlich bei einem individuellen Museumsbesuch aus? Darf hier nach Lust und Laune geshootet und geuploaded werden? Mit diesen und mehr Fragen beschäftigt sich mein heutiger Blogbeitrag.

Grundsätzliches

Die Freiheit eines Fotografen, in einer bestimmten Umgebung Fotos anzufertigen, kann durch Hausrechte innerhalb von Privatgeländen und -gebäuden, Haus- und Leistungsschutzrechte von Veranstaltern, durch Persönlichkeitsrechte von Anwohnern, Eigentümern und sonstigen Anwesenden, wie zum Beispiel Besuchern, sowie durch Urheberrechte von Architekten und Künstlern eingeschränkt sein.

 

Der Eigentümer eines Hauses kann aufgrund seines Hausrechts immer über das "Ob" und über das "Wie" des Zutritts zu seinem Grundstück beziehungsweise Gebäude entscheiden. Es ist ihm somit auch möglich, ein Fotografierverbot auszusprechen. Ein Museum kann ein solches Fotografierverbot in Bezug auf seine Sammlung unproblematisch wirksam mit seinem Besucher vereinbaren, da der Besucher in der Regel weiß, dass er mit der Möglichkeit der Besichtigung der Ausstellung eine Leistung erhält, die an bestimmte Vorgaben geknüpft ist. Mit dem Erwerb der Eintrittskarte werden dann auch regelmäßig die "Spielregeln" (Allgemeinen Geschäftsbedingungen) der Museen von dem Besucher akzeptiert. 

 

Selbst wenn das Museum jedoch nicht von seinem Hausrecht Gebrauch macht und kein allgemeines Fotografierverbot ausspricht, so stellt das Fotografieren eines urheberrechtlich geschützten Werkes grundsätzlich eine genehmigungspflichtige Handlung dar. Das bedeutet, dass der Fotograf eines urheberrechtlich geschützten Werkes bei der Anfertigung seiner Bilder nicht frei ist, sondern gewisse Einschränkungen zu berücksichtigen hat. Grund hierfür ist, dass das Fotografieren eine Vervielfältigungshandlung des Werkes/Fotoobjektes darstellt, zu der grundsätzlich nur der Urheber berechtigt ist. In der Regel muss also der Künstler, dessen Werk man fotografieren möchte, hierzu sein Einverständnis geben.  

Ausnahmen

Sprengelmuseum Eingang Another Twister Alice Aykock
Stahlskulptur "Another Twister" von Alice Aykock am Ein-gang des Sprengelmuseums

Im Urhebergesetz (UrhG) gibt es jedoch einige Ausnahmen von dem grundsätzlich bestehenden Verbot, urheberrechtlich geschützte Werke ohne Zustimmung des Urhebers zu vervielfältigen, zu verbreiten oder öffentlich im Internet zugänglich zu machen. Hier einige Beispiele:

 

  • Panoramafreiheit, § 59 UrhG
  • Unwesentliches Beiwerk, § 57  UrhG
  • Berichterstattung über aktuelle Ereignisse, § 50 UrhG
  • Vervielfältigung zum privaten und sonstigen Gebrauch, § 53 UrhG
  • Zitatrecht, § 51 UrhG
  • Gemeinfreiheit 70 Jahre nach Tod des Urhebers, § 64 UrhG 

 

Im Alltag wird dem Fotografieren für den privaten Gebrauch wohl die meiste Bedeutung im Zusammenhang mit einem Museumsbesuch zukommen. Die Vervielfältigung geschützter Werke für die rein private, nicht kommerzielle Nutzung wird durch die sog. "Privatkopieschranke" aus § 53 Abs. 1 UrhG erlaubt. Aus dieser folgt auch die Berechtigung, die angefertigten Fotografien zuhause oder im privaten Kreis zu zeigen. 

Fotografieren zum Privatgebrauch

Wir können also zunächst festhalten, dass das Fotografieren zum privaten Gebrauch im Museum somit durchaus erlaubt ist.

 

In rein tatsächlicher Hinsicht ist hierbei aber zu beachten, dass meistens keine Selfie-Sticks, Fotokoffer, -rucksäcke, -taschen und Stative mit in eine Ausstellung genommen werden dürfen. Auch sollten Fotografien nur ohne Einsatz von Blitzlicht angefertigt werden. Die meisten Objekte der "130% Sprengel. Sammlung Pur"-Ausstellung, insbesondere die aus der Grafischen Sammlung oder der Fotografie, seien sehr empfindlich und dürften auch während der Ausstellung aus konservatorischen Gründen nur für circa drei Monate bei einer geringen Beleuchtungsstärke gezeigt werden, erklärte mir Sabine Kassebaum-Sikora, die beim Sprengel Museum für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Ein Verbot von Blitzlicht bestehe deshalb sogar bei Pressekonferenzen. In der Regel gilt diese Bedingung in fast jedem Museum und bei fast jeder Ausstellung. 

 

Es ist jedoch durchaus möglich, dass zwar das Museum das Fotografieren erlaubt, das Museum in seiner Ausstellung aber neben eigenen und gemeinfreien Werken auch über Werke von Leihgebern verfügt und diese Leihgeber wiederum nicht damit einverstanden sind, dass Fotografien ihrer Werke gemacht und im Internet veröffentlicht werden. Die Leihgeber machen von ihrem Eigentumsrecht am Kunstwerk Gebrauch und bestimmen, wie mit diesem zu verfahren ist. Sollen seitens der Leihgeber auf keinen Fall Fotos gemacht werden, erfolge daher eine besondere Kennzeichnung der Bilder, so Sabine Kassebaum-Sikora.

Instawalk Sprengelmuseum 130sprengelfreunde Sommer 2016 Hannover
Instawalk Juni 2016 , Ausstellungsraum, 130% Sprengel

Im Sprengel Museum können viele Bilder zu privaten Zwecken ohne vorherige Anmeldung angefertigt werden, sofern der Blitz aus bleibt. 

 

Von einem Hochladen der Bilder  auf einem Social Media Portal sollte jedoch abgesehen werden. Mit einer Veröffentlichung der Bilder ist das Sprengel Museum nämlich grundsätzlich nicht einverstanden und auch das Hochladen der Bilder auf einem Facebook-Profil oder Instagram-Account stellt in den meisten Fällen eine solche Veröffentlichung dar. Die Frage, ob das Posten auf Social Media Kanälen öffentlich oder privat ist, ist zwar bisher nicht geklärt, grundsätzlich ist jedoch davon auszugehen, dass nur wenn Inhalte tatsächlich ausschließlich dem engeren Familien- oder Freundeskreis zugänglich gemacht werden, eine private Nutzung dieser vorliegt. Selbst wenn nur die eigenen Freunde die Posts sehen können, ist anzunehmen, dass bei mehr als hundert Kontakten nicht mehr von einem "engeren Kreis" ausgegangen werden kann.  Dann wird aus der vermeintlich privaten schnell eine kommerzielle - und damit erlaubnispflichtige - Nutzung mit entsprechenden rechtlichen Konsequenzen bei Nichteinholung der Zustimmung. Hierzu erklärt das Sprengel Museum, dass es natürlich nicht allen Urheberrechtsverletzungen nachgehen könne, da ein solches Vorgehen viel zu aufwendig sei, dennoch sei es bereits zu verschiedenen Fällen gekommen, bei denen veröffentliche Bilder von Nutzern wieder aus dem Netz genommen werden mussten.  

 

In einem solchen Fall können sich die betroffenen Nutzer manchmal aber auf § 50 UrhG berufen, nach welchem die Berichterstattung über Tagesereignisse in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zulässig ist. Im Rahmen einer Berichtserstattung über ein künstlerisches Ereignis, darf dieses auch gezeigt werden. Ob die Ausnahmeregelung der Berichterstattungsfreiheit nach § 50 UrhG jedoch im Falle einer Inanspruchnahme durch eine Kulturstätte tatsächlich greift, bleibt immer eine Frage des jeweiligen Einzelfalls. 

Fotografieren für den Blog oder das eigene Unternehmen

Wie verhält es sich denn, wenn ich Fotos der Ausstellungsräume mit Kunstwerken für mein Facebook-Unternehmensprofil, meinen Instagram-Account, auf dem ich auch meine Produkte präsentiere oder für meinen öffentlichen zugänglichen Mode- und Lifestyle-Blog verwenden will und dies nicht im Zuge einer Berichterstattung i.S.d. § 50 UrhG geschehen soll? 

Instawalk Sprengel Museum Hannover Sommer 2016
August Macke "Großes helles Schaufenster" (1912)

Die Antwort auf diese Frage ist kurz und einfach: Dann liegt eine kommerzielle Nutzung vor, die genehmigungspflichtig ist. In diesem Fall ist eine offizielle Anfrage an das Museum zu stellen. Zuständig für das Sprengel Museum ist hierfür laut Sabine Kassebaum-Sikora die Bildagentur für Kunst, Kultur und Geschichte (buk), die die Bilder auch bereitstellt. Diese sei jedoch lediglich dazu in der Lage, ein einfaches Nutzungsrecht an den Bildern zu übertragen. Für die Wahrung weiterer Rechte, vor allem auch der Persönlichkeitsrechte der abgebildeten Personen (Stichwort: Recht am eigenen Bild), ist dann derjenige, der das Bild nutzt, selbst verantwortlich. 

Museen und Social Media - Fluch oder Segen?

Auf meine Frage, wie das Sprengel Museum grundsätzlich dazu stehe, dass Ausstellungsstücke auf den gängigen Social Media Kanälen gepostet werden, weil sich immer mehr Besucher vor interessanten, ausdrucksstarken Werken fotografieren und ihre Community an ihrem Museumsbesuch teilnehmen lassen, antwortete mir Frau Kassebaum-Sikora, dass das Veröffentlichen von Fotos aus dem Museum in den Sozialen Medien sowohl als Fluch, als auch als Segen gesehen werden könne. Natürlich möchte das Sprengel Museum möglichst nicht den "Mona Lisa-Effekt" haben, insofern, als dass die Besucher die Werke nur noch durch die Kamera und nicht mehr die Aura des Kunstwerkes vor Ort wahrnehmen können. Eine derartige Masse an Besuchern mit Kameras (die auch aus Versehen gern mal mit Blitz fotografieren) sei nicht nur für das Werk nicht gut, sondern störe gegebenenfalls auch andere Besucher. Sabine Kassebaum-Sikora gehe aber nicht davon aus, dass der Reiz eines Kunstwerks dadurch verloren gehe, dass man es online abrufen könne. Beispiele wie das Städel Museum in Frankfurt zeigten, dass der Besucher auch von einer groß angelegten Digitalisierung und Abrufbarkeit der Werke von zuhause nicht davon abgehalten werde, die Ausstellung zu besuchen und das Original zu betrachten. Größenverhältnisse, Materialien und Dreidimensionalität könnten ohnehin nur vor Ort erfahren werden. Die Verbreitung in den Sozialen Medien sei in manchen Fällen vom Sprengel Museum durchaus auch erwünscht, da dadurch mehr Menschen auf das Museum aufmerksam und so eventuell auch neue Besucher generiert werden könnten. Die Sozialen Medien böten darüber hinaus natürlich auch eine gute Plattform zur Interaktion zwischen Besuchern oder auch Nichtbesuchern und dem Museum. Eine solche Interaktion sei allein durch den Besuch des Museums vor Ort nicht ohne Weiteres möglich. Dementsprechend könnten die Sozialen Medien sehr gut dazu dienlich sein, den Museumsbesuch zu ergänzen. 

Aus meiner Sicht sollten die Museen auf die Nutzung der angefertigten Bilder auf den gängigen Social Media Profilen mit Wohlwollen reagieren, sofern ihnen dies rechtlich möglich ist. Daher sollten sie auch in ihren Überlassungsverträgen mit Leihgebern möglichst sicherstellen, dass in diesen kein Verbot in Bezug auf das Fotografieren der Leihgaben enthalten ist. Auf Instagram werden die Werke in einer so kreativen, vielfältigen und ungekünstelten Weise präsentiert, wie es Agenturen selbst in den meisten Fällen nicht möglich ist. Auch die bereits angesprochene Besucherinteraktion ist ein wesentlicher Punkt, der nicht vernachlässigt werden sollte und dazu führen kann, dass ein breiteres und vor allem jüngeres Publikum das kulturelle Angebot der Museen wahr- und eher an diesem teilnimmt. 

Fazit

Solange man also Urheber-, Eigentums- und Persönlichkeitsrechte beachtet, das Hausrecht der Museen mit den dazugehörigen Bedingungen, die an das Fotografieren geknüpft sind, akzeptiert und sich seinen Blick für die Kunstwerke und ihre Details nicht nur durch die Kameralinse oder das Smartphonedisplay vernebeln lässt, spricht nichts gegen ein paar private Aufnahmen beim Museumsbesuch. 

 

Ich gebe zu, dass ich leider vor dem Instawalk im Sprengel Museum einige Zeit lang keine Kunstausstellungen besucht habe. Die "130% Sprengel. Sammlung Pur"-Ausstellung, die übrigens noch bis zum 29. Januar 2017 läuft, hat mich jedoch nachhaltig beeindruckt und dazu geführt, dass ich mir in dem letzten halben Jahr mehrere Kunstausstellungen angesehen habe - und dies nicht nur, um meinen Instagram-Account mit neuen Bildern zu füttern. Ich möchte mich an dieser Stelle daher noch einmal recht herzlich bei den Sprengel-Freunden für die Veranstaltung des Instawalks und bei Reinhard Spieler für die interessante Führung durch die Sammlung bedanken. Mein besonderes Dankeschön gilt darüber hinaus natürlich auch Sabine Kassebaum-Sikora, die meine Fragen im Hinblick auf diesen Blogbeitrag freundlicherweise umfassend beantwortet hat.